Dem Tod von der Schippe gesprungen

Lisa ist ja ein Experte darin, mich in Panik zu versetzen. Und am Mittwoch war es mal wieder soweit. Am Morgen war ich nicht schnell genug aus dem Bett, als sie mir Bescheid gab, und so landete ihr Haufen im Wintergarten. Als ich säuberte, fand ich lebende Maden darin! Ich rief die Tierärztin an, die mir sagte, ich solle entwurmen, aber nicht darauf einging, daß die Würmer nicht so aussahen, wie sie es eigentlich sollten. Also googelte ich selbst, wollte wissen, was Lisa sich da eingefangen hat. Ich wurde nicht fündig. Was ich jedenfalls mit Sicherheit wußte: Es handelte sich um keine gewöhnlichen Hundedarmparasiten. Ich schickte der Tierärztin also das Video, das ich von den herumkriechenden Viechern gemacht hatte und schrieb, daß sie eigentlich wie Fliegenlarven aussehen, daß das aber irgendwie nicht sein könne. Es kam keine Reaktion, und da ich trotz erneuter Suche im Netz nicht fündig wurde, legte ich die Sache erstmal beiseite. Die Würmer, die ich im Glas gefangen hatte, krochen panisch umher. Später war mir klar, warum: Sie hassen Licht.

Ich hatte den ganzen Tag mit einer Terminsache zu tun und mußte sogar ein erneutes Kaffeetrinken mit Hauke absagen, der sich auf der Rückfahrt seier Tour befand. Um halb acht abends war ich endlich fertig. Mein Magen knurrte, weil ich den ganzen Tag nichts gegessen hatte. Ich kochte mir fix etwas, aß, und dann googelte ich erneut. Und wurde fündig: Es handelte sich tatsächlich um Fliegenlarven! Die Staatliche Veterinäranstalt ermahnte alle betroffenen Tierbesitzer, umgehend den Tierarzt aufzusuchen. Ich sah auf die Uhr: Es war nach acht Uhr abends. Schickte eine sms an die Tierärztin, aber es kam wieder keine Antwort. Ich googelte weiter. Um halb zehn war klar, daß es ich um einen Notfall handelt. Die Larven fressen die Tiere innerlich auf, und es kommt auf jede Stunde an. Panik brach aus. Auch auf der Notrufnummer der Tierärztin erreichte ich sie nicht, telefonierte deshalb mit einer anderen Tierärztin, die aber zu weit weg war, um Lisa behandeln zu können, die mir aber bestätigte, daß allergrößte Eile angesagt war. Im Tierkrankenhaus sagte sie mir, daß sie die Pforten zehn Minuten später schließen würden und verwiesen mich an eine Klinik, die sich 150 km entfernt befindet. Es war dunkel, es regnete stark, Blitze zuckten über den Himmel und Donner grollte. Was sollte ich nach Karlstad fahren, wo es doch vor Ort eine Tierärztin gab, die Notdienst hatte? - Gegen elf Uhr abends lud ich Lisa und Edda in den Bus und fuhr zur Praxis. Sprach eine letzte Nachricht auf Band und wartete. Kurz nach zwei Uhr fuhr ich unverrichteter Dinge nach Hause.

Glücklicherweise bekam ich umgehend einen Termin in einer Tierklinik, die nicht so weit weg ist. Dort wollte man mir nicht glauben, daß es sich um Fliegenlarven handeln könnte, und erst ein Blick auf die Internetseite, die ich ihnen zeigte, brachte diese Überzeugung ins Wanken. Und dann wurde ich gefragt, wie ich mir denn einen eventuelle Behandlung vorstellen würde! Man versuchte, mich davon zu überzeugen, daß Lisa eingeschläfert werden müsse. Sie war in der Tat schwach, lag neben dem Stuhl und erschien dem Tod näher als dem Leben. Dennoch: Ich konnte sie nicht einfach einschläfern lassen! Das fühlte sich total falsch an, und ich widersetzte mich immens . Vor allem: Wenn es soweit ist, soll es zuhause geschehen! 

Die Tierärztin rief bei der Staatlichen Veterinäranstalt an und ließ sich bestätigen, daß es sich bei dem ekligen Getier im Glas tatsächlich um Fliegenlarven handelte und bekam Informationen zur Behandlung. Wir verhandelten noch die Dosis des Medikaments, denn weil eine Nebenwirkung Krämpfe sind und Lisa Epilepsie hat, wollte die Ärztin nur die halbe Dosis geben. Ich nahm es auf meine Verantwortung, ihr die gesamte zu geben. Alles andere hatte meiner Meinung nach keinen Zweck.

Die Tierärztin billigte meine Entscheidung nicht. Niemand glaubte, daß Lisa es schaffen könnte. Aber ich kenne ja meine Kämpfernatur! Und tatsächlich: Donnerstag Vormittag bekam Lisa die Behandlung, und es ging ihr umgehend besser. Bereits am Nachmittag mußte ich ihr den Ball einmal werfen, und heute verließ sie das Haus gar nicht ohne ihn. Sie ist noch schwach, klar, aber sie hat mir eindeutig zu verstehen gegeben, daß sie noch nicht fertig Ball gespielt hat in diesem Leben. Etwas mehr Bonuszeit geht noch.

Entwarnung gebe ich trotzdem erst morgen. Ich weiß ja nicht, welchen Schaden die Larven in ihrem Darm angerichtet haben. Aber ich bin optimistisch. Und ich hoffe, daß ich zumindest etwas von ihrem Kampfesmut besitze. Sie ist mir ein großes Vorbild!

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Kommentare: 2
  • #1

    Lutz (Samstag, 15 Juni 2019 22:43)

    Hej Cordula, ich kenne das Problem mit Tierärztlicher Versorgung in Schweden, klappt nicht immer. Mein Hund hatte sich auch mal Fliegenlarven eingefangen, lag am unabgedecktem Futter wo sich Fliegen tummeln,für Lisa aber alles Gute, sie schafft das!!

  • #2

    Cordula (Sonntag, 16 Juni 2019 09:51)

    Gestern war ich mir noch sicher, daß sie es schafft. Sie war zwar sehr erschöpft, aber es war auch ziemlich warm. Heute bin ich mir nicht mehr so sicher. Es war halt eine heftige Infektion, und sie ist alt und hat sowieso Darmprobleme. - Ich hatte mir auch schon überlegt, daß die Larven eventuell von ihr gegessen wurden. Das Futter allerdings ist fliegensicher verpackt, ich lasse es abgedeckt bzw im Kühlschrank, allerdings weiß ich, daß Lisa draußen ganz gern mal was verschlingt; Frauchen hat zwar leckeres Futter, aber so ein schöner Mäusekadaver...