Sonnabend Vormittag, halb acht. Lisa hatte mich nachts zweimal rausgejagt, und um sieben Uhr mußte sie schon wieder. Die Sonne schien, die Vögel sangen, und irgendwie lohnte es sich nicht mehr, sich noch einmal in den Kissen zu vergraben. Also kochte ich mir meinen Kaffee und genoß ihn auf der Frühstücksterrasse. Gedankenversunken blickte ich auf den Teich und zählte die Wildenten. Eins, zwei, drei- nein, das war doch keine Ente?! So merkwürdig lang und flach mit so wenig Körper oberhalb der Wasseroberfläche? Ein Stück Treibholz? Ich kniff die Augen zusammen, konnte aber nichts erkennen. Eine verletzte Ente vielleicht? Nein, jetzt schwamm sie. Oder es. Denn daß es keine Ente war, da war ich mir inzwischen sicher.
Zwei Bachstelzen tanzten durch die Luft und verhielten oberhalb des merkwürdigen Dings im Wasser, wirbelten irritiert umher, und dann platschte es einmal laut, und das Ding war weg.
Von meinem Vater hatte ich ein Fernglas bekommen, und das kramte ich jetzt hervor. Stellte es ein, suchte die Wasseroberfläche ab. Fand die Enten. Und dann sah ich ihn: Den Biber!
Ein Bieber in meinem Gartenteich! Wie kam der denn hierher? Und fällten Biber nicht Bäume und Büsche? Mein Blick zuckte zu meinem Zwetschgenbäumchen und den frisch gesetzten Weißdornbüschen. Ja, alles war noch da. Aber das würde sicherlich nicht so bleiben. Außerdem verriet das Internet, daß der Biber auch gern an Gemüse geht, und meine Beete liegen nunmal genau neben dem Teich. Was tun?
Die nächsten Tage waren filmreif. Edda jagte den Biber, Lisa verstand garnicht, warum Edda so ein Theater machte, denn immerhin handelte es sich weder um einen Ball noch um einen Tannenzapfen, und der Biber hatte nach anfänglichem Schrecken schnell herausgefunden, wie er Edda necken konnte. Anfangs sprang Edda immer ins Wasser, wenn sie des Bibers ansichtig wurde, stellte dann aber zu ihrer Enttäuschung fest, daß der ihr an Schnelligkeit überlegen war. Schließlich begnügte sie sich damit, bellend am Teichrand hin und her zu rennen. Der Biber hatte fix herausbekommen, daß Edda ihm nichts konnte, und machte sich einen Spaß daraus, bis ganz nah an sie heran zu treiben, um dann mit einem lauten Platschen abzutauchen.
Von ihrer Herumjagerei begann Edda, zu humpeln. Mal rechts vorn, mal links vorn, aber auch nicht immer. Das Humpeln rechts hinten, das sie sich bei ihrem unerlaubten Ausflug vor wenigen Tagen zugezogen hatte, ging dabei vollkommen unter. Ich werde ihr heute Abend Umschläge mit Arnikatinktur machen; die hatte letztens bei mir dazu beigetragen, daß ich meinen Daumennagel nicht verlor, da wird sie wohl auch Edda helfen können.
Sonntag Abend versuchten wir gemeinsam mit einem Freund, den Biber zu vertreiben. Wir öffneten das erst vor wenigen Tagen geflickte Loch im Zaun beim Ablauf des Teiches, warfen Steine ins Wasser und schlugen mit Brettern auf die Wasseroberfläche. Die ersten dünnen Stämmchen lagen angenagt im Wasser, der Biber mußte einfach verschwinden! Der jedoch schien sich nicht wirklich stören zu lassen, und ich überlegte fieberhaft, wie ich dafür sorgen konnte, daß er wieder auszog.
Am nächsten Morgen war am Teich alles ruhig. Jasmin, Maike und ich suchten das Wasser ab, ich zückte das Fernglas. Wir nahmen Humpeledda an die Leine und umrundeten mit ihr den Teich. Die grüne Pflanzendecke im abfließenden Wasser schien von einer Spur durchzogen. War der Biber weitergezogen? Wir flickten das Loch im Zaun, damit Edda nicht wieder auf Wanderschaft ging und sich ein Wölfchen suchte- sie ist nämlich läufig, und Nachwuchs hätte mir gerade noch gefehlt.
Alles blieb ruhig. Es regnete, es windete, es wurde Abend. Inzwischen durfte Edda wieder frei laufen, mal humpelnd, mal nicht. Sie suchte den Biber, fand ihn nicht. Hoffnung keimt auf. Die Zeit wird zeigen, ob jetzt Ruhe einkehrt.
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