Licht und Schatten

Während ich kopflos hin und her rannte, Hühnchen kochte, zerlas und Lisa ständig damit fütterte, ihr Flüssigkeit einflößte, regelmäßig ihre Temperatur maß und ihren Zustand kontrollierte, eine Expresslieferung eines homöopathischen Mittels von Deutschland hierher organisierte, mich im Internet schlaulas, meiner Tierheilpraktikerin und auch der Tierärztin auf die Nerven fiel und zerstreut ständig vergaß, was ich eigentlich machen wollte, bauten Mareike und Miriam für Lisa eine behindertengerechte Arthrosetreppe.

Ich hatte völlig vergessen gehabt, daß Mareika ja Tischlerin ist, und als sie mir das am Montag Abend beim Begrüßungslöwenzahnwein verriet, fiel ich fast vom Stuhl und konnte mein Glück kaum fassen. Und so sah ich staunend zu, wie die Treppe gestalt annahm. Die beiden ergänzten sich aber auch perfekt: Miriam, die Tiefbauingenieurin ist, kann zwar Treppen zeichnen, vermißt aber praktische Bauerfahrung. Mareike, die Tischlerin ist, holt inzwischen ihren theoretischen Teil nach, indem sie Architektur studiert. Mit wachsender Begeisterung zimmerten sie, besprachen mit mir wichtige Details wie Stufenhöhe- und tiefe, und dann ging Mareike mit mir im Baumarkt shoppen. Was für mich ein Drama darstellt, ist für sie Freude pur.

Und da sie einmal dabei war, kümmerte sie sich auch um die Rahmen für das Fenster, das der Tischler am Dienstag früh ausgetauscht hatte. Dieses häßliche Fenster zwischen Wintergarten und Wohnhaus war mir schon lange ein Dorn im Auge, und ich war froh, als es endlich ausgetauscht war. Heute haben Miriam und ich die Rahmen gespachtelt und verfugt, und morgen werde ich wohl schleifen und malen können. Denn es soll nicht grün bleiben, das paßt farblich einfach nicht. Was mich besonders gefreut hat: Ich bin ja so eine Resteverwerterin, und bis auf einige vom Treppenbau übriggebliebene Planken konnte Mareike alte Leisten und sogar Holzvertäfelung für die Fensterrahmen benutzen!

Natürlich hatten wir auch ein Lagerfeuer, und zum ersten Mal seit fünf Jahren hielt ich Stockbrot über die Flammen! Aber oje, irgendwie ist der Zucker wieder bei mir eingezogen, und dann hatten die Mädels auch noch das Nutella aufgestöbert, das ich extra weit weggepackt hatte, und dann aßen wir heißes Stockbrot mit Nutellafüllung! Seit März hatte ich keine Schokolade gegessen, der Zahnschock saß zu tief, aber das Drama ging ja schon vor zwei Wochen los, als die ehemaligen Besitzer von Lilla bei ihrem Besuch Pralinen mitgebracht hatten. Die vertilgte ich zwar gemeinsam mit meinen Wwoofis, aber das war der erste Nagel zum Zuckersarg... dann kamen Mareike und Miriam, die Zucker und Schokolade auch Gutes abgewinnen können, und als dann auch noch mein Lischen krank wurde, war es vorbei mit meinen Zuckerwiderstandskräften... und ich habe vorgestern tatsächlich zum ersten Mal seit März wieder Schokolade gekauft. Das wird sich wieder ändern, sobald Lisa gesund ist, versprochen!

Mareike ist heute früh abgereist, sie war nur drei Tage hier. Miriam und ich wuschen die Treppe ordentlich, spannten eine Plane drüber, und wenn alles gut läuft, öle ich sie morgen. Lisa jedenfalls läuft diese Treppe problemlos hoch und auch wieder hinunter, und das macht mich glücklich. Überhaupt scheint Lisa sich auf dem Wege der Besserung zu befinden. Heute Nachmittag lag sie nicht mehr matt in der Ecke, sondern nervte mich! Sie forderte, daß ich Leckerlis in ihren Ball stecke, und als ich Eddas Napf füllte und ihren nicht, weil sie noch kurz zuvor sogar das leckere Hühnchen verweigert hatte, sah sie mich empört und auffordernd an. Und fraß dann tatsächlich zwei Händchen voll Huhn mit Reis!