Einmal klonen, bitte!

Hier in Schweden ist es so, daß Blut-, Zell- und Gewebeproben, die vom Arzt entnommen werden, in der nationalen Biobank aufbewahrt werden, wenn man nicht Widerspruch dagegen einlegt. Sie werden dann u.a. für die Forschung verwendet. Um dies zu verhindern, muß man den sogenannten Nej- Talong ausfüllen. 

Daß Forschung überaus unethisch sein kann, Ethikkommission hin oder her, wissen wir, und ich habe wenig Lust, mit meiner DNA und meinem Gewebe dazu beizutragen.  

Also teilte ich der Dame an der Rezeption mit, daß ich diesen N ej- Talong ausfüllen möchte. Große Augen blickten mich fragend an, und ich mußte erst einmal erklären, um was es sich dabei handelt. Es wurde Rücksprache mit der Kollegin gehalten, dann mit dem Chirurgen, und dann bekam ich die Info, auf dem Formular, das der Probe beigefügt ist, würde ein entsprechendes Kreuzchen gemacht werden.

So weit, so gut. Heute früh erreichte mich dann ein Anruf der Arztzentrale: Ich möchte bitte vorbeischauen, ich müsse den Antrag auf Vernichtung meiner Gewebeprobe unterschreiben und das am Empfang mitteilen. Ich fuhr also zur Arztzentrale- wo man wieder nichts davon wußte. Wieder erklärte ich, um was es sich handelt, und wieder wurde Rücksprache mit einer Kollegin gehalten, in meiner Akte nachgesehen, dann im Intranät- und dann fand man ein Formular, das ich unterschreiben sollte.

Ich las es mir durch- und fiel fast um: Dort stand, daß die Probe nach der Untersuchung entweder vernichtet würde oder aber nur anonymisiert und weiterhin aufgewahrt, und ich könne nicht wählen, welche Option gewählt werden würde. Und es wurde auch nicht geschrieben, was man denn mit meiner anonymisierten Probe anfangen würde. Denn forschen durfte man ja eigentlich nicht damit, ein entsprechendes Kreuzchen hatte ich ja gesetzt.

Ich fragte entsetzt nach- und niemand konnte mir irgend etwas sagen. Ich war tatsächlich die erste Patientin an dieser Arztzentrale, der ihre Integrität wichtig ist! 

Momentan ist die Biobank staatlich, aber wer weiß, ob sich das nicht einmal ändert? Oder ob die Proben nicht irgendwann an ein privates Unternehmen verkauft werden? In Island hat eine private Firma DNA der gesamten Bevölkerung gekauft und veranstaltet sonstwas damit. Ich will dann nicht Teil dieser Experimente sein!

Und haben wir nicht erst letztens gelesen, daß die Forschung bereits Mensch- Schweinmischlinge hervorgebracht hat? Aus ethischen Gründen wurden die Föten dann irgendwann abgetrieben, hurra. Wir können uns wirklich darauf verlassen, daß die Ethik gewahrt bleibt!

Nein danke, ohne mich!

Ich rief bei der Biobank an. Niemand ging ans Telefon. Ich ging den Frage- Antworten- Katalog auf der Internetseite der Biobank durch. Meine Frage wurde nicht beantwortet. Ich rief noch einmal an- niemand ging ans Telefon. Zurück zum Empfang. Dort war Mittagspause, und ich stand ziemlich konfus vor dem geschlossenen Schalter. Eine Arzthelferin fragte, ob sie mir helfen könne. Ich sorgte für einiges Durcheinander, und dann saß ich bei meinem Arzt im Zimmer und diskutierte mit ihm. Er ist wirklich nett, aber ich war doch etwas fassungslos, als er mir mitteilte, daß er noch nie so einen Nej- Talong gesehen hatte. Und natürlich konnte auch er meine Fragen nicht beantworten, verstand aber meine Bedenken (oder behauptete das zumindest) und bot mir an, die Gewebeprobe bis Dienstag aufzubewahren, so daß ich Zeit hätte, bis dahin darüber nachzudenken, ob ich sie zur Untersuchung schicken möchte oder nicht.

Irgendwann erreichte ich jemanden bei der Biobank. Und die Angestellte konnte meine Fragen nicht beantworten. Hielt Rücksprache. Rief mich wieder an. Und teilte mir dann mit, daß die Proben zumindest bei ihnen, die für Örebro zuständig sind, zerstört werden. Anonymisierung und Aufbewahrung nur in Ausnahmefällen, falls man etwas unglaublich spannendes und seltsames in einer Blutprobe finden würde. Und in diesem Fall würde man Rücksprache mit mir halten, bevor man die Probe nicht zerstört.

Ich kann das jetzt glauben oder nicht. Aber zumindest kann ich jetzt eine Entscheidung treffen: Gewebeprobe einschicken und untersuchen, oder bleiben lassen.

Daß mir vor Ort niemand meine Fragen beantworten konnte, daß bisher kein einziger Patient diesen Nej- Talong ausgefüllt hat und es anscheinend so ziemlich allen egal ist, was mit ihren Proben geschieht, finde ich einfach nur unglaublich. Es scheint echt viel Vertrauen in den Staat und seine Behörden zu geben. Oder ist es einfach nur Faulheit? Wenig Lust, sich zu engagieren?

 

Ich vermute jedenfalls, daß ich auch noch am Montag Gesprächsstoff im Pausenraum abgeben werde, denn dann werde ich ihnen meine Entscheidung mitteilen. Und so etwas wie mich hatten sie bisher noch nicht...

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