Die Hausbedroher und die Julböcke

[Cordula] Ich mochte sie wirklich gern, die beiden hohen Kiefern und auch die frühblühende Weide direkt an unserem Häuschen. Und da ich sie so gern mochte, verschloß ich meine Augen vor der Gefahr, daß sie durch einen Sturm aufs Haus fallen könnten. Dann vor einem Jahr der Schock: Ein Sturm fegte über das Land- und die Spitze der großen Fichte, die direkt am Haus steht, brach ab. Fünf Meter Baum, die glücklicherweise neben das Haus fielen, und nicht darauf. Im Sommer dann begannen die Zweige, braun zu werden. Ein riesiges Wespennest wurde in den absterbenden Zweigen gebaut. Die Weide ächzte und stöhnte bei jedem stärkeren Wind. Irgendwann war mir klar: Das geht so nicht mehr. Die Bäume müssen weg. So sehr ich sie auch mag.

Dann riefen Hanne und Nandin an. Zwar aus einem ganz anderen Grund, aber es stellte sich heraus, daß Hanne Baumpflegerin ist, die auch Problembäume fällt. Spontane Entscheidung: Sie und Nandin dürfen die Bäume runternehmen. Und so kraxelte Hanne vorgestern in den Bäumen umher und sorgte dafür, daß sie bald sicher am Boden lagen und unser Häuschen nicht mehr bedrohen. Wenn Ihr genau hinseht, könnt Ihr sie in luftiger Höhe am Stamm hängen sehen!

Zwei etwa dreißig Meter hohe Fichten und eine frühblühende Weide, die den Hummeln im Frühjahr zur Nahrung diente- es tat mir wirklich leid um diese schönen Bäume, aber es nützte nichts. Je mehr die Motorsäge ging, desto höher wurde der Haufen mit Tannengrün, und auch eine Menge Brennholz fiel an. 

 

Peter schnitt bereits einige Äste auf, während die Hühner verstört auf das Geschehen um sie herum blickten. Die großen Wumse, als die Baumdrittel auf dem Boden aufschlugen, ließen sie verschreckt aufgackern und sich in die hinterste Ecke ihres Geheges zurückziehen. Zur Strafe gab es gestern und heute nur insgesamt drei Eier. Sie sind halt Sensibelchen, unsere gefiederten Hofbewohner.

Das Grundstück verwandelte sich in ein Schlachtfeld. Und es wurde erheblich heller, da die hohen Bäume doch eine Menge Sonne und Licht genommen hatten. Dennoch: An diesen Anblick muß ich mich erst einmal gewöhnen.

Aus der Not machten wir eine Tugend, und so standen unsere Nachbarin Victoria und ich bereits gestern im Tannengrün und banden unsere Julböcke direkt vor Ort. Während ihre Kinder für uns grüne Zweige schnitten und damit immer für Materialschub sorgten, und Edda immer mal wieder ein Hühnchen jagte, band Victoria drei Julböcke und ich zwei. Man merkt, daß sie erheblich mehr Routine darin hat... Heute ging es weiter, aber meine Quote war schlechter als gestern: Sie band zwei Julböcke, ich nur einen...

Meine Julböcke sind recht hübsch geworden, und wenn sie noch mit dem traditionellen roten Band geschmückt sind, werden sie wie richtige schwedische Julböcke aussehen. Am Montag machen wir weiter, denn zu zweit arbeitet es sich einfach angenehmer. Ein kleines Problem allerdings haben wir jetzt, Victoria und ich: Die obere Schicht des Tannengrüns ist geplündert, nun suchen wir händeringend einen kräftigen jungen Mann, der uns beim Wenden der Zweige hilft. Ich hätte da auch schon jemanden im Auge...

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Kommentare: 2
  • #1

    Hauke (Donnerstag, 24 November 2016 18:48)

    Wenn Peter mit euch ins Tannengeün geht, drehen sich die Zweige bestimmt öfter mal. ❤

  • #2

    Cordula (Freitag, 25 November 2016 17:17)

    Wir sollten ihn also tatsächlich dazu verpflichten...